Mittwoch, 18. September 2013

Sprachsalat und Bailo Terapia

Gestern habe ich festgestellt, dass ich mittlerweile schon 3 Wochen hier wohne- die Zeit vergeht ja wirklich schnell- daher muss ein neuer Eintrag her!
In den letzten 3 Wochen habe ich viel erlebt, fangen wir doch einfach bei der Sprache an... Insgesamt hatte ich 2 Wochen lang 4h Sprachunterricht pro Tag, was definitiv anstrengend war, aber meiner Umwelt und mir vor allem sehr zugute kam. Inzwischen befinde ich mich glücklicherweise in der Lage den größten Teil von dem zu verstehen was um mich herum gesprochen wird, allerdings erhöht sich der Schwierigkeitsgrad sobald starke Emotionen das Verständnis erschweren - ein Beispiel ist meine "Gasttante', die sich abends ziemlich über ihre Arbeit aufgeregt hat und mich somit unglücklicherweise von der Illusion befreite in den letzten 3 Wochen irgendetwas gelernt zu haben. Mit dem Sprechen klappt es von mittel gut bis mäßig, vor allem weil viele Worte sehr ähnlich klingen (natürlich nur für mich) und somit - manchmal auch etwas unangenehme bis sehr peinliche - Verwechselungen zustande kommen...Der Sprachsalat ist also perfekt!
Nun zu einem etwas angenehmeren Thema: Ein Phänomen, dass Ecuador definitiv von Deutschland abgrenzt ist das ausgeprägte Tanztalent der Gesamtbevölkerung. Hier kann wirklich jeder tanzen - und wer es, vor allem von den Männern,  nicht kann hat bei den Frauen keine Chance :-). Wir waren jetzt schon ein paar mal mit meinen "Gastcousins" feiern, wobei ich genügend Gelegenheit hatte das oben genannte Phänomen gründlich zu studieren- fast alle meine Cousins können wenigstens anständig Salsa tanzen, was man von uns Freiwilligen natürlich nicht einmal ansatzweise behaupten kann. Aber die Herren geben sich wirklich Mühe, damit wir uns also an den Wochenenden nicht zu sehr blamieren und haben uns die Grundschritte beigebracht, die wir inzwischen - O Wunder- auch verstanden haben. Neben den wochenendlichen Vergnügungsaktivitäten kann Tanzen aber auch Hochleistungssport bedeuten. Deswegen bewegen wir uns jeden Abend brav zur " Bailo Terapia " - und das ist einfach großartig! Dabei handelt es sich um ein Projekt der Stadt Cuenca, die mehrere Tanzlehrer bezahlt, damit diese dann (pünktlich!) um 8 Uhr abends auf verschiedenen Plätzen in der Stadt stehen und mit den Bürgern, welche sich sportlich betätigen wollen, so etwas ähnliches wie Zumba tanzen. Das alles ist also öffentlich und dementsprechend auch KOSTENLOS ! Die Beteiligung ist rege, bei uns auf dem Platz stehen bisweilen ca 50 Cuencaner - das sollte man mal in Deutschland versuchen... Durch den öffentlichen Charakter dieser Veranstaltung gibt es natürlich auch Zuschauer, aber ein Fotohandy oder eine Kamera, welche das Geschehene hinterher auf Youtube zeigt habe ich noch nicht gesehen. Ist natürlich auch besser so, denn wir sprechen hier immerhin von 3 Deutschen, von denen keiner vernünftig tanzen kann- das heißt wir bewegen uns jeden Abend täglich zwischen einer Herde Menschen mit weichen Bewegungen und ausgeprägten Tanztalent...:-) wie wir gestern erfahren haben, müssen wir uns um die fehlenden Kameras übrigens gar keine Sorgen machen, denn heute Abend kommt das Fernsehen vorbei und filmt, um diese Veranstaltungen noch intensiver zu promoten. Davor haben wir zwar großen Respekt, sorgen uns allerdings doch darum später eventuell unfreiwillig in dem ecuadorianischen Pendant zu Deutschem Hartz IV TV aufzutreten. Aber natürlich gehen wir trotzdem hin, drücken kommt nicht infrage und es macht ja auch wirklich Spaß!!
In den letzten 2 Wochen hatte ich übrigens auch das Vergnügen zwei Geburtstagen meiner Familie beizuwohnen (eigentlich hat immer irgendein Familienmitglied Geburtstag), was jedesmal absolut herrlich war! Vor einiger Zeit hatte zum Beispiel einer meiner Cousins ( also der Sohn meiner Gasttante sozusagen) Geburtstag und wir kamen schon um 11 zum Haus der besagten Schwester, um bei den Vorbereitungen zu helfen. Wir waren dann beim Essen auch wirklich viele Leute, sodass wir uns schon zusammenquetschen mussten um an einen Tisch zu passen. Es ist nicht gerade einfach eine Rahmenunterhaltung zu verstehen oder Fragen zu beantworten, die einem quer über den Tisch zugebrüllt werden, wenn man die Sprache nicht richtig spricht...aber jetzt kommt's : zur Kaffeezeit (also hier auch etwa gegen 4) kamen erst die engeren Verwandten, etwa 30 Tanten und Onkels und ca. 10 Cousins und Cousinen (fast alle in meinem Alter, was mich natürlich sehr gefreut hat) dazu. Und auf einmal saßen mehr als 40 Personen am Tisch...Noch Fragen? Gleiches Spiel von vorne, etwa 1000 (gefühlte) Fragen an mich, ich habe natürlich nichts verstanden, aber helfen konnte mir leider auch keiner mehr, weil alle so sehr mit Reden beschäftigt waren- es war wirklich grandios! :-)